Magie der Sprache

Das ist ein Beitrag zu der Blogparade #wortesindmagisch von Sandra Wickert, Reisetexterin und Bloggerin. Sandra fragt: „Glaubst du daran, dass Worte magische Kraft haben?“

Ja, das glaube ich. Worte und auch die Sprache, in der sie gesprochen werden, haben eine unglaubliche Kraft, die ich oft spüre. Sprache öffnet Türen und Herzen. Oder schließt auch manche. Manchmal ist weniger wichtig was du sagst, als in welcher Sprache du es sagst.

Seitdem ich viel unterwegs bin, habe ich in Verbindung mit Sprachen einiges erlebt, was mich erstaunt, erfreut, manchmal entsetzt und manchmal sprachlos gelassen hat.

Moldawien – und wie die Sprache mich zum Feind oder Freund werden lässt

Unglaublich freundliche Menschen

Moldawien war mir bisher ziemlich unbekannt, obwohl es das Nachbarland von Rumänien, meinem Heimatland ist. Umso mehr habe ich mich gefreut, als mir angeboten wurde, eine Reise dorthin zu begleiten. Tatsächlich ist Moldawien ein Land, wo jeder und jede zweisprachig aufwächst. Also sprechen hier alle entweder Moldawisch (was ein rumänischer Dialekt ist) oder Russisch. Meine Reiseleiterkollegen sprechen alle Russisch. Ich bin soweit die einzige, die Rumänisch spricht. Und stelle sehr bald fest, dass die Sprache etwas mit den Leuten macht. Der Fahrer, die Köchin, die Frau an der Rezeption des Hotels, die einheimischen Guides sind grundsätzlich sehr nett und hilfsbereit. Aber als sie erfahren, dass ich Rumänisch spreche, ist ihre Freude groß und mir wird mit noch mehr Freundschaft begegnet. Ich bekomme Tipps, werde umarmt, alle freuen sich riesig. Es mag vielleicht eine Einbildung sein, aber ich glaube, sie freuen sich mehr, mit mir zu reden, als mit meinen russischsprachigen Kollegen. Es ist für sie einfacher, sie haben eine engere Bindung an Rumänien, oder vielleicht orientieren sie sich mehr nach Westen als nach Osten? Ich weiß es nicht mit Sicherheit.

Es geht auch anders…

Mir wird bitter bewusst, dass es auch anders geht, als wir einen Tag in Transnistrien verbringen. Ein völlig eigenes, skurriles Staatsgebilde, das von niemandem, nicht einmal von Russland selbst, anerkannt wird – und doch seit 24 Jahren existiert. Hier spricht niemand, aber absolut niemand Rumänisch (auch nicht Englisch oder Deutsch). Wäre ich auf einem anderen Planeten oder bei einem unbekannten Stamm im Regenwald gelandet, wäre es nicht schwieriger, mich mit den Menschen zu verständigen. Ich versuche es den ganzen Tag unermüdlich, vielleicht gibt es irgendwen, der eine der Sprachen spricht, die ich auch verstehe. Ich werde einfach mit einem Schulterzucken ignoriert. Am Rand des Marktplatzes in Tiraspol treffen wir eine Frau, die mit uns tatsächlich deutsch spricht. Sie ist aber auch die einzige, die etwas anderes als Russisch sprechen kann oder will. Ich fühle mich zuerst etwas verloren. Dann hole ich mein Mobiltelefon raus und freue mich für den Rest des Tages über den Google Translator und das wunderbare moldawische Funknetz, das auch in diese aus der Zeit gefallene Gegend reicht.

Es kommt noch dicker, als wir den Tag darauf in Gagausien verbringen. Hier verstehen mich die meisten Leute, mit mir Rumänisch reden wollen sie aber nicht. Er könne gar kein Rumänisch, höchstens ein paar Brocken Moldawisch, sagt mir ein Mann in Comrat, der Hauptstadt der autonomen Provinz, in sehr gutem Rumänisch. Wir besuchen das Museum in Besalma und der Empfang ist sehr herzlich, die Führung sehr interessant. Das erfahre ich aber nur, weil mein russischsprachiger Kollege alles auf Deutsch übersetzt. Als wir uns auf der Treppe zum Gruppenfoto hinstellen, kommt ein älterer Mann vorbei. Ich frage ihn auch, ob er Rumänisch spricht. Er schaut mich mit einem gehässigen Blick an und antwortet nicht. Ich bin verwirrt. Hinterher erfahre ich, dass rumänische Soldaten hier während des zweiten Weltkrieges sehr schlimme Verbrechen verübt haben. Ich bin Jahrzehnte danach geboren. Für den Rest des Tages spreche ich deutsch und nur noch mit unserem Fahrer rumänisch.

Ungeachtet dessen, war Moldawien ein Wahnsinn. Die Reise dorthin ist einfach genial (hier mehr dazu). 

Rumänien und die deutsche Sprache

Auf den Spuren der Siebenbürger Sachsen

Wenige Monate später begleite ich meine erste Reise nach Rumänien, mein Heimatland. Das Land erstaunt und erfreut mich jedes Mal, wenn ich es besuchen kann. Mehr als ein halbes Leben schon lebe ich in Deutschland und mit wenigen Ausnahmen spreche ich meine Muttersprache nur bei meinen Besuchen in Rumänien. Manchmal muss ich nach Worten suchen. Manche Wörter gab es nicht, als ich das Land verlassen habe (zum Beispiel W-Lan oder Mobiltelefon). Unsere Reise beginnt in Hermannstadt, im Herzen von Transsylvanien und ehemals Hochburg der Siebenbürger Sachsen. Auch wenn nur noch wenige davon im Land übrig sind, steht in dieser Gegend die deutsche Sprache sehr hoch im Kurs. Viele Menschen sprechen Deutsch. Für betuchte Eltern ist es ein Statussymbol, ihre Kinder auf eine deutsche Schule zu schicken. Alle Führungen können auch auf Deutsch gebucht werden und bei den Sehenswürdigkeiten steht oft eine deutsche Erklärung. Sogar die Namen der Ortschaften stehen in zwei Sprachen auf dem Ortsschild. Je weiter nach Norden es geht, gibt es auch viele ungarische Ortschaften und Erklärungen. Die deutsche Sprache ist hier unbestritten wichtig, erstrebenswert. Man freut sich sehr über die Tourist_innen aus Deutschland.

Selbes Land, andere Sitten

Da wir eine sehr kleine Gruppe sind, entscheiden wir, das Programm zu ändern und für zwei Tage nach Bukarest zu fahren. Ich versuche, zwei spannende Führungen (in dem größenwahnsinnigen „Palast des Volkes“ und in der Privatresidenz der Diktatorenfamilie Ceausescu) auf Deutsch zu organisieren. Das ist unmöglich, als Fremdsprachen gibt es nur Englisch und auf Anfrage Französisch. Wir buchen die Führungen auf Englisch; das kann ich zur Not auch gut übersetzen. Beide Guides haben einen unglaublichen schwarzen Humor, der an Monty Python erinnert und vermutlich nur auf Englisch möglich ist.  Aber die wichtigste Fremdsprache in der Stadt ist immer noch Französisch. Tatsächlich wird Bukarest „Paris des Ostens“ genannt. Die Bauherren Anfang des 20. Jahrhunderts haben sich stark an Frankreichs Hauptstadt orientiert. Es gibt auch einen Triumphbogen, ein Athenäum und einige weitere imposante Gebäude, die den Kommunismus überlebt haben und sehr an Paris erinnern. Abends schlendern wir durch das alte Zentrum, das sich in den letzten Jahren zu einer quirligen Ausgehmeile entwickelt hat, die sehr an Berlin Kreuzberg erinnert. Trotzdem sprechen die hübschen Mädels vor den Straßencafés uns nicht einmal auf Deutsch an. Vermutlich ist das hier so unbekannt wie anderorts Finnisch.

Die norwegische Sprache und das Kribbeln im Bauch

Mir wäre nie in den Sinn gekommen, mich mit der norwegischen Sprache zu befassen, bevor ich mich Hals über Kopf in das für mich schönste Land der Welt verliebt habe. Es gibt viele norwegische Dialekte, aber für mich macht das keinen Unterschied, bis auf die Tatsache, dass ich manche davon besser als andere verstehe. Die Sprache hat einen hübschen weichen Klang, als ob sie flüssiges Deutsch wäre. Deutsch ist solide wie ein Stück Holz. Norwegisch fließt samtweich wie Honig (“Honning”), langsam und gelassen, wie die Stimmung in diesem Land. Wie ein Boot, das still auf dem Fjord gleitet.

Die Sprache als Lebensgefühl

Norwegisch ist für mich nicht einfach eine Sprache, sondern ein Lebensgefühl.  Es erinnert mich an Menschen und Orte, die mich sprachlos gelassen haben. Erinnert mich an Matt aus Mandal, der mir auf der Fähre über den türkisblauen Lysefjord einen Kaffee spendiert und mit mir über Berlin spricht und meine Aussprache korrigiert. An das Ehepaar aus Kristiansand, mit dem wir uns fröhlich in drei Sprachen unterhalten (ich will Norwegisch lernen, die Frau deutsch reden, aber wir beide brauchen noch viel Englisch, um uns zu verständigen).

Es geht auch um Anna, die Schwedin, die in südnorwegischen Stavanger gelebt hat und sich in einer glänzenden Polarnacht bei Kiruna während einer langen Fahrt mit mir unterhält; davor sind wir mit ihr und acht gut gelaunten Schlittenhunden durch eine Nacht wie ein Wintermärchen gefahren. Ich denke an Jørgen aus Tromsø, der jedem Gast das Gefühl gibt, die wichtigste Person zu sein. Dort, unweit von seinem „Bed and Waffles“ habe ich bei minus 15 Grad die unglaublichen Nordlichter gesehen. Es erinnert mich an die namenlose Frau, die ich oben auf Kjaesen nach dem schweißtreibenden Aufstieg treffe und die sich freut, mit mir über ihre Tochter in Deutschland zu reden. Erinnert mich an den Hausherrn aus dem Bed&Breakfast in Lysebotn, der mich nach meiner wunderschönen Wanderung in den Abendstunden auf dem Jenafjell fragt, ob und wo ich seine Schafe gesehen habe. An die dänischen Pfadfinder in einem Wagen der Norwegischen Bahn, die aus Finse, dem Ort mit dem höchstgelegenen Bahnhof Europas kamen. Wir fahren auf der Strecke von Bergen nach Oslo, eine Bahnfahrt, die so unglaublich wunderschön ist, dass sie sich in keiner Sprache der Welt beschreiben lässt, zumindest nicht von mir. Oder an das ältere Paar aus Stavanger, mit dem ich in einer Vollmondnacht auf der Lügenbrücke in Hermannstadt in Rumänien ein paar Worte über ihre hübsche kleine Stadt wechsele, in der ich gerne länger leben würde. Es ist das und noch so viel mehr. Es ist Fjell, Regen, Wind, Kälte, Polarnacht, Nordlichter, Schneesturm, Mitternachtssonne, gewaltige Wassermassen, Nebel, Schweiß, Sonnenbrand und auf dem Gipfel stehen, tausend Meter über dem Fjord.

Sehnsucht nach dem Norden

Und wenn ich auf dem Münchner Flughafen Menschen höre, die sich auf Norwegisch unterhalten, auch wenn es nur darum geht, den Taxistand zu finden, verspüre ich ein Kribbeln im Bauch und freue mich sehr. Zum einem, weil ich das verstehe. Zum anderen erinnere ich mich dann wieder, dass dieses wunderbare Land nur wenige Stunden entfernt ist. Und auch, wenn es nicht unbedingt auf mich wartet, doch einen einsamen Fjell und einen wunderschönen Wasserfall für mich übrighat. Und vielleicht findet sich auch jemand, der oder die mich mit „Takk for sist“ begrüßt. Danke für das letzte Mal. Oder: Schön, dich wieder zu sehen.

Fotos: Denisa Jurkovicova

Willst du mich in Sommer 2020 in dieses unglaubliche Land begleiten? Hier gibt es die Möglichkeit.

Stavanger, mehr als Preikestolen und Kjerag

Eine großartige kleine Stadt

Es gibt ältere, größere und architektonisch viel bedeutendere Städte als in Norwegen. Aber es lohnt sich, die eine oder andere norwegische Stadt näher anzuschauen. Fast alle, würde ich sagen. Wenn man mich fragt, welche die schönste Stadt Norwegens ist, muss ich lange überlegen. Die meisten davon (zumindest die, die ich gesehen habe) sind klein und hübsch, manche sogar sehr.  Stavanger im Süden (wie auch Tromsø im Norden) ist eine gute Kandidatin für den Titel, finde ich. Stavanger hat den Charme der norwegischen Südküste: weiße und farbige Häuser, viele Blumen, ein süßer kleiner Hafen. Stavanger ist aber auch das Tor zu einem der schönsten Fjorde Norwegens, dem Lysefjord.

Stavanger ist weniger berühmt als ihre größeren Schwestern Oslo und Bergen. Mit ein wenig mehr als 130.000 Einwohnern ist sie auch nur die viertgrößte Stadt des Landes. Diejenigen, die schon mal von der Stadt gehört haben, fragen auch verwundert: “Ist das nicht eine Ölstadt”? Die Antwort ist ein ganz klares jein. Stavanger ist die reichste Stadt Norwegens und ihr Reichtum basiert zum großen Teil auf Öl. Aber das Öl und der Reichtum sind hier völlig unauffällig und die Stadt hat ihre freundliche Gelassenheit behalten. Schon der Landeanflug über die Stadt ist atemberaubend schön. Wir sehen den Lysefjord und hunderte von kleineren und größeren dunkelblau schimmernden Seen. Der Flughafen Sola ist keine 20 Minuten von der Stadt entfernt und auf den Straßen ist wenig Verkehr. Auch wenn die Stadt klein ist, ist sie eine der farbenfrohesten Norwegens und hat viel zu bieten.

Es gibt viel zu sehen…

Hier einige der Sehenswürdigkeiten in Stavanger, ohne den geringsten Anspruch auf Vollständigkeit.

1. Gamle Stavanger, das alte Stavanger mit historischen weißen Häusern, blauen Türrahmen und roten Blumen.

@jessy_ann

2. In einem dieser Häuser befindet sich das Konservendosenmuseum, das sich mit der Geschichte der norwegischen Konservendosen-Industrie in der Zeit zwischen 1880 und 1925 befasst.

3. Ovre Holmegate, die farbige Straße mit Shoppingmöglichkeiten und Kneipen für den Abend. Ich kann beides empfehlen, allerdings sollte man sich im Klaren sein, was Alkohol in Norwegen so kostet. Da ist das Shopping unter Umständen günstiger.

4. Der Hafen mit vielen kleineren und größeren Booten und Straßencafés, wo am Wochenende der Bär tobt. Schön finde ich vor allem, dass die Altersgruppen nicht „unter sich“ sind: in der Schlange vor dem Lokal stehen sowohl 20jährige, Leute in meinem Alter, wie auch einige ältere Semester.

5. Im Hafen befindet sich auch das kleine Schifffahrtsmuseum, das nicht nur nett zu besuchen ist, sondern auch einen Museumsladen hat, in dem ich jedes Mal ein schönes Kleid oder ein anderes Stück im maritimen Stil gefunden habe.

6. Über StreetArt in Stavanger könnte ich einen ganzen Beitrag schreiben. Jedes Jahr kommen Künstler*innen zum StreetArt Festival in die Stadt und die entstandenen Werke kann man überall bewundern. Im digitalisierten Norwegen ist das auch leicht: die Wandgemälde und anderen Arbeiten sind alle in einer digitalen Karte markiert, die mit Google Maps kompatibel ist. Nur viel Ausdauer braucht es, es ist eine gute Strecke zu bewältigen, wenn man alle sehen will.

7. Im Stadtzentrum steht die Domkirche von 1150, die älteste Bischofskirche Norwegens und seit dem 13. Jahrhundert praktisch unverändert.

8. Ein wenig außerhalb findet man die Svert i Fjell, die drei Schwerter im Fels. Sie erinnern an die Schlacht am Hafrsfjord im Jahr 872. Danach wurde Harald Schönhaar der erste König Norwegens, somit sind die Schwerter ein Symbol für die nationale Vereinigung Norwegens (einige der Besiegten, unter anderem Ingolfur Arnarson, segelten westwärts, um vor den Repressalien des Königs zu fliehen. 874 landeten sie dort, wo heute Reykjavik liegt. So begann die „Landnahmezeit“ Islands – aber dazu in einem anderen Beitrag mehr).

9. Das Olje Museum, Ölmuseum: ja, das liebe Öl. Wie auch immer man darüber denkt, es gibt viel zu sehen und zu erfahren in diesem Museum. Auch eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Öl und seinen Auswirkungen auf die Umwelt fehlt hier nicht.

10. Das Kunstmuseum soll auch toll sein. Es befindet sich mitten in einem Park und hat ein Café mit leckerem Karottenkuchen. Weiter als bis zu dem Kuchen habe ich es nicht geschafft, da diesmal die Zeit nicht mehr gereicht hat. Sollte ich je einen weiteren Grund brauchen, nach Stavanger zurück zu kehren, wäre das einer mehr, neben den 99, die ich bereits habe…

Atemberaubende Natur um Stavanger

Stavanger ist klein aber großartig. Und es gibt meines Wissens nach keine norwegische Stadt, die nicht von atemberaubender Natur umgeben wäre. Die “Great Outdoors” sind das, was Menschen wie mich dazu bewegt, immer wieder nach Norwegen zu reisen und dieses wunderschöne Land zwischen den Reisen bitter zu vermissen. Die Umgebung von Stavanger ist nicht nur von fantastischer Schönheit, sondern auch unglaublich abwechslungsreich, als ob man jeden Tag in einem anderen Land ist.

Hier einige der schönsten Spots rund um Stavanger:

1. Die Küste: Sola Beach, der weiße Sandstrand an der Nordsee. Wunderschön anzusehen, kann er es optisch mit jedem Strand in der Südsee aufnehmen. Die Temperaturen sind allerdings nicht immer so freundlich wie im Süden. Wenn es das Wetter erlaubt, kann man dort trotzdem baden. 

2. Norwegen hat ungefähr 150.000 (!) Inseln. Einige davon in der Nordsee sind von Stavanger aus schnell zu erreichen (auch mit dem Bus) und bieten eine tolle Aussicht über das Meer. Auf der Fjoloy spazieren wir um den Leuchtturm (Fjoloy Fyr), streicheln zahme Schafe und sind zu spät für den Besuch des Klosters Utstein. Das nächste Mal, vielleicht…

3. Die Wanderung auf den Dalsnuten ist leicht und der Ausblick über Stavanger, Sandnes, Jæren und Ryfylke soll toll sein. Heute sieht man davon leider nichts. Aber das macht uns nicht viel aus, wunderbar ist es allemal.

4. Eine Stunde Fahrt von Stavanger, in der Nähe des kleinen Frafjords, befindet sich Månafossen, der größte Wasserfall der Region Rogaland und der neuntgrößte Norwegens. Ich empfehle den Wasserfall nicht nur, weil er fast meinen Namen trägt (Måna spricht man „Mona“, Mån heißt „Mond“), sondern weil er einfach toll ist. Auch bei Regen lohnt es sich, durch das Tal bis zu der Mån Gard zu laufen, nach Möglichkeiten auch weiter.

5. Der Fjord: es gibt viele schöne Fjorde in Norwegen aber einer der schönsten ist der Lysefjord, Fjord des Lichtes. Eher klein im Vergleich zum Hardangerfjord mit seinen 180 km oder Sognefjord mit 240 km, ist dieser Fjord mit 40 km nichts desto trotz von atemberaubender Schönheit. Eine Fahrt entlang des Fjords mit der Fähre ist nicht unbedingt günstig, aber auf jeden Fall sehr lohnenswert (es gibt auch die Möglichkeit, mit der Ferjenkort – Link- zu sparen. Dafür sollte man die Karte im Sommer deutlich früher bestellen, als ich es gemacht habe…).

6. Die Flørlitappene, die längste Holztreppe der Welt, hat 4444 Stufen. Nicht nur die Treppe ist unglaublich, sondern der ganze Ort. Nach Florli kommt man nur per Wasser oder zu Fuß (tagelang) über den Fjord. Es ist ein Dorf ohne Straßen, wo früher die Mitarbeiter des Elektrizitätswerks und ihre Familien gelebt haben. Es war ein schweres Leben, abgeschnitten von der Welt mit harten Wintern. Heute werden die Häuser renoviert und als Übernachtungsmöglichkeiten für Tourist*innen angeboten. Aber zurück zu der Treppe: sie wurde damals zur Wartung der Wasser-Pipeline gebaut, die vom Fjell zum Fjord führt. Wenn man die Stufen bewältigt hat (und das ist wirklich nicht ohne viel Schweiß möglich), kommt man oben in einer Landschaft an, wie sie nicht schöner sein kann. Glänzend dunkelblaue Trinkwasserseen, viel Grün und viel Einsamkeit. Norwegen at its best.

7. Preikestolen und Umgebung: Ein Instagram Hotspot Norwegens ist Preikestolen, der Prediger Stuhl, 604 Meter über dem Fjord. Eine Felsplattform (25×25 Meter) mit weitem Blick über den Lysefjord und angrenzende Berge. Die Wanderung dorthin ist einigermaßen anstrengend, aber am anstrengendsten fand ich jedes Mal die Menschenmassen, zumal viele unzureichende Ausrüstung und/oder Kondition für diese Strecke mitbringen. Aber wir sind hier in Norwegen… das heißt, es gibt unbekanntere Pfade und Strecken ganz in der Nähe, wo absolut niemand ist und der Ausblick einfach fantastisch. Beim Abstieg nehme ich die Abzweigung zu dem 714 Meter hohen Moslifjellet und bereue das keine Sekunde. Als Belohnung bekomme ich einen exklusiven Regenbogen vor die Linse. So viel Schönheit ist manchmal schwer zu ertragen.

Achtung: man sollte nicht einfach so jede Abzweigung nehmen. Eine (digitale) Karte ist wichtig, zumal diese einsameren Wege nicht immer gut markiert sind.

8. Lysebotn mit Kjerag und Jenafjell. Ich habe langsam auch genug von Begriffen wie „atemberaubend“, „wunderschön“ und ähnliches, aber es gibt scheinbar nicht genug Wörter in der deutschen Sprache, die die Landschaft zutreffend beschreiben könnten. Aber der Reihe nach… Lysebotn ist eine kleine Ortschaft am „A…“ des Fjords, so wie der Name sagt. Hierher kommt man nur per Fähre oder abenteuerlich auf einer Serpentinenstraße mit 22 Haarnadelkurven. Dann erspäht man kleine weiße Holzhäuser in einem Tal, wo die Sonne fast bis Mitternacht scheint (wenn sie scheint).

Im Winter erscheint sie dafür fünf Monate lang gar nicht (auch wenn sie scheinen würde…). Lysebotn ist Startpunkt einer der spektakulärsten Wanderungen Norwegens, und zwar zum Kjerag, dem eingeklemmten Stein, 1000 Meter über dem Fjord. Bei schlechtem Wetter ist die Wanderung nicht ungefährlich und sehr unbequem. Hier habe ich zum ersten Mal im Leben gespürt, wie es sich anfühlt, wenn der Wind einen fast wegträgt.

Die wirklich unbekannte und nicht weniger spektakuläre Wanderung ist die zum Jenafjell. Etwas weniger anstrengend, dafür absolut einsam, erreicht man in etwa zwei Stunden (eine Richtung) den Gipfel des 819 Meter hohen Berges.

Und die Sicht von dort ist so schön, dass mir die Worte fehlen…

Willst du mit mir verreisen? 2020 geht es wieder nach Stavanger in Südnorwegen, aber nicht nur…Schau auf meine Reise-Webseite.

Abschied nehmen

Es ist toll, etwas zum ersten Mal zu machen. Es gibt unzählige Motivationssprüche „wann hast du das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht?“. Ich mache neuerdings ständig etwas zum ersten Mal. Aber wie oft ist man sich dessen bewusst, dass man etwas zum letzten Mal macht?

Ich habe am Wochenende zum letzten Mal an einem Ort in Berlin-Charlottenburg übernachtet. Die Wohnung gehört meinem ehemaligen Arbeitgeber und ist, wie mein Arbeitsvertrag, bald Geschichte. Es war eine schöne Geschichte. Ich habe unzählige Nächte hier verbracht, alleine oder mit meinem Partner, manchmal mit Kolleginnen in Nachbarzimmer, beruflich wie privat. Ich habe wochenweise hier gearbeitet oder Urlaub gemacht. Die Wohnung kenne ich unter Berliner Hitze, im kalten Winter und im Regen. Ich kenne die Bäckereien in der Nähe, wo ich manchmal gefrühstückt habe, bevor es schnell zum Termin ging. Die Shisha Bars ohne Alkohol, wo mein Partner und ich im Urlaub die Abende verbracht haben. Die Pizza und Kebabläden und den Getränkemarkt, mit freundlichen Menschen und unanständig niedrigen Preisen. Charlottenburg ist nicht gerade ein Party-Hotspot, aber es ist schön hier. Es waren gute zehn Jahre, fast elf sogar.

Gestern Abend war mein letzter Abend dort. Ich kam von der S-Bahn zu Fuß, vorbei an der Wohnung mit einem Schaufenster, in die ich all die Jahre hinein gegafft habe. Ich schloss zum letzten Mal auf und machte mein Bett in dem hübsch eingerichteten Zimmer. Jemand hat an mich gedacht, es gab zwei Äpfel und eine nette Begrüßung.

Ich verließ am Morgen vor sechs die Wohnung und hatte keine Zeit, lange zurück zu schauen. Mein Zug fuhr sehr früh. Den Schlüssel wollte ich in den Briefkasten werfen, vergaß es aber schlaftrunken. Ich war etwas traurig, aber nur kurz. Das, was kommt, ist so spannend und neu.

Wann hast du das letzte Mal etwas zum letzten Mal gemacht? Vielleicht hast du das schon oft getan, ohne zu wissen, dass es das letzte Mal sein wird. Sich an Nostalgie und dem Blick zurück festzuklammern, ist nicht unbedingt zuträglich für das Seelenheil. Kurz innezuhalten, sich der Lehren und Gaben aus diesem Erlebnis zu erinnern, bewusst Abschied zu nehmen, kann ein Geschenk sein und sogar helfen, mit etwas abzuschließen.

Und dann kannst du weiterzugehen, ohne dich umzudrehen. Es warten schließlich noch viele Dinge, die du zum ersten Mal machen wirst.

Tromsø, Nordlichter und Schnee

Tromso Hafen

Es war der Samstag vor Weihnachten, als ich mich spontan entschied, den Flug nach Tromsø zu buchen. Ich hatte eine unendlich lange „to do“ Liste und es fühlte sich alles schwer an. Aber ich hatte Sehnsucht nach dem schönsten Land der Welt und gleichzeitig wollte ich Kontakte mit Tourenanbietern knüpfen. Eine nette Begleiterin hatte sich auch schnell gefunden. Und tatsächlich ist Tromsø schneller zu erreichen als das Münsterland, zumindest von München aus. Der Flug dauert bloß ein wenig mehr als drei Stunden.

Der Anflug über die verschneiten, glitzernden Gipfel ist atemberaubend, so wie ich ihn auch in Erinnerung habe. Ich habe zum Glück einen Platz am Fenster. Die zwei jungen Männer neben mir fotografieren die Landschaft durch das Fenster mit Hilfe von Handy und Selfiestick.

Wir nehmen den Linienbus vom Flughafen und sind nach einer kurzen aber unglaublich schönen Fahrt in unserer Unterkunft.

Bed & Waffles ist fast vollständig ausgebucht. Wir bekommen von Jørgen noch eine Matratze in einem der Einzelzimmer, so dass wir zu zweit übernachten können. Es ist auch Platz genug und wirklich toll, hier zu übernachten. Jørgen gibt jedem und jeder das Gefühl, er oder sie wäre der wichtigste Gast überhaupt. Wäscht oder trocknet die Wäsche der Gäste, leiht Haartrockner, gibt in etwa fünf Sprachen Geheimtipps, bereitet den besten Waffelteig der Welt mit der weltbesten Erdbeermarmelade zu. Und mit mir unterhält er sich langsam und geduldig in seinem schönen Norwegisch.

Den ersten Tag verbringen wir in der Stadt. Ich suche in den Büchereien das eine oder andere Buch, das leicht genug ist, dass ich es verstehen kann, aber trotzdem nicht unbedingt todlangweilig. Ich kaufe Harry Potter (kenne ich eh auswendig) und den Kleinen Prinz.

Die Stadt hat eine Menge Sehenswürdigkeiten zu bieten – hier eine kleine Auswahl:

Tromsøbrua
  1. Die Eismeerkathedrale (Ishavskatedralen): eine wunderschöne Konstruktion in Stil eines Eisbergs auf der anderen Seite der Tromsøbrua (Tromsø Brücke). Nachts gibt es hier Konzerte, im Sommer unter der Mitternachtssonne und im Winter unter den Nordlichtern. Atemberaubend.
  2. Das Zentrum mit kleinen Holzkirchen, alten Gebäuden und kleinem Hafen.
  3. Die Mack Brauerei, die nördlichste Brauerei der Welt (Führungen fast täglich um 15:30) mit angeschlossenen Ølhallen (Bierhallen), und die älteste Kneipe der Stadt. Die Familie des Brauers stammt aus Deutschland, der aktuelle Chef hat in Weihenstephan bei München studiert. Das Bier gärt und gedeiht mit Hilfe von Musik von Elvis, Johnny Cash und anderen Musikgrößen. Auf der verkaufsfertigen Flasche findet man den Spotify Code, mit dem man die entsprechende Playlist abspielen kann. Unglaublich cool!
  4. Für so eine kleine Stadt beherbergt Tromsø ziemlich viele spannende Museen: unter andedren Polaria mit lebenden Robben, das Universitätsmuseum, das Polarmuseum oder Kunstmuseum und einige mehr.
  5. Das Cable Car (Fjellheisen), das alle halbe Stunde auf den Stadtberg fährt. Die Sicht ist einfach unbeschreiblich schön, im Winter wie im Sommer (und ich würde sogar wagen zu behaupten, bei jedem Wetter).

In der Stadt bewegen wir uns viel zu Fuß. Das Busnetz ist gut ausgebaut und wenn man die richtige Haltestelle findet, geht alles ganz einfach mit Hilfe der Apps Tromsø Mobilett (Mobile Fahrkarten) und Tromsø Reise (Fahrplanauskunft).

Man kann hier auch viele organisierte Aktivitäten buchen:

Es gibt viele tolle Anbieter (und einige hervorragende, zum Beispiel derjenige, mit dem ich ab nächstem Jahr sehr gerne arbeiten will). Hier eine Auswahl (wobei die Liste sowohl im Sommer wie Winter natürlich noch viel länger ist):

  1. Fotografie-Touren zu den Nordlichtern: die Nordlichter gleichzeitig zu bewundern und gut zu fotografieren ist nahezu unmöglich, zumindest für die meisten Menschen. Daher lohnt es sich wirklich, sich auf eins von beiden zu konzentrieren. Erfolgsversprechender ist das Bewundern, während das Fotografieren von Profis erklärt oder sogar übernommen wird.
  2. Fahrten mit Tesla unter den Nordlichtern oder, je nach Jahreszeit, der Mitternachtssonne. Teslas sind eine Augenweide. Die Nordlichter oder die Mitternachtssonne sowieso. Eine Kombination davon ist unbeschreiblich.
  3. In von Hunden oder von Rentieren gezogenen Schlitten fahren, bei Tag oder bei Nacht. In der Nacht gibt es die Möglichkeit, dabei auch die Nordlichter zu sehen.
  4. Fjordsightseeing per Boot und Bus, mit Übernachtung oder ohne, um so auf die entspannteste Art die Schönheit der gewaltigen Natur zu bewundern und auf sich wirken zu lassen.
  5. Organisierte Ski- und Schneeschuhwanderungen

… und vieles mehr.

Bezaubernde Nordlichter

Je nach Glück kann man auch ohne Tour die Nordlichter sehen. Schon am ersten Abend ist es für uns soweit: bei minus 12 Grad, eingepackt in etwa sieben Kleiderschichten, machen wir uns auf den Weg zum nahegelegenen See Prestvatnet. Wir tragen Stativ und Kamera durch die wunderbare, funkelnde Winterlandschaft. Dann stehen wir auf dem tiefgefroren See – und ich sehe nichts. Meine Begleiterin aber hat Adleraugen und meint, es wäre doch etwas zu sehen. Und bis ich „Lys“ (Licht) denken kann, ist sie da: die Aurora Borealis oder auch: das Nordlicht. Sie bewegt sich mal langsamer, mal schneller. Mal strömt sie wie ein Wasserfall über beleuchtete Häuser, manchmal flackert sie wie ein grünes kaltes Feuer. Und dann bewegt sie sich über unsere Köpfe, füllt den ganzen Himmel. Das auf Fotos einzufangen ist große Kunst, die ich nicht beherrsche. Es ist brutal kalt und bevor mir die Finger abfallen, gibt die Kamera auch ihren Geist auf. Aber es ist passiert, wir haben sie wirklich gesehen, die bezaubernden Nordlichter!

Die Nordlichter sind viel beeidruckender, als ich sie fotografieren konnte

Die heiße Dusche danach fühlt sich unglaublich gut an. Meine Begleiterin wäscht sich mit der Körperkreme und kremt sich danach mit dem Duschgel ein, das ist heute aber egal.

The Great Outdoors

Wie fast jede norwegische Stadt ist Tromsø zwar wunderschön, aber was ihren Reiz ausmacht, sind die Umgebungen, the great outdoors. Also steigen wir am Morgen in den Bus ein und fahren nach Kvaloya (Walinsel). Auf Schneeschuhen (Truga) wollen wir auf den 470 m hohen Rødinden steigen, um eine der wunderschönsten Aussichten zu genießen. Die Wanderung ist als leicht eingestuft (nach norwegischen Verhältnissen).

Etwa in der Mitte stellen wir fest, dass „leicht“ relativ ist. Meine Begleiterin möchte, dass ich alleine weiter gehe, sie will umkehren. Es schneit leicht, und die Sicht ist grau und sehr trübe. Ich finde es auch nicht reizvoll, bei den Sichtverhältnissen weiter nach oben zu gehen. Also kehren wir um und begegnen unterwegs einer Menge Menschen, die auf Skiern oder Schneeschuhen, mit Kindern, Hunden oder ohne auf den Berg gehen, mit einem Lächeln im Gesicht und, wie es mir scheint, leicht und mühelos. Andere Länder, andere Kondition.

Am Nachmittag sind wir wieder in der Stadt, kaufen Brunost (Braunkäse) und Lakritze bevor wir zu unserer Unterkunft laufen, um eine weitere Runde Waffeln zu vertilgen. Am Abend wandern wir zu der Kathedrale und Talstation der Fjellheisen. Die Häuser sehen aus wie aus einem Weihnachtsmärchen.

Schnee über Tromsø

Für den Tag danach ist viel Schnee angekündigt. Wir leihen uns wieder die Schneeschuhe aus und fahren mit der Seilbahn auf den Berg. Der Plan ist, dort oben zu wandern, möglichst bevor der Schnee kommt. Und so machen wir uns fröhlich auf den Weg. Die Sicht über Tromsø ist gigantisch, wenn auch der Fjord dunkelgrau schimmert. Aber wir kommen auch heute nicht bis zum Gipfel: kaum sind wir etwa die Hälfte des Weges gegangen, kommt der vorausgesagte Schnee. Wir sind in wenigen Minuten wie blind. Dort, wo mal die Bergstation war und dahinter die Stadt, sieht man nur noch weiß. Ich gehe vorne, versinke bis zum Knie im Schnee, trotz Schneeschuhen. Es ist steil aber das sehe ich nicht, ich sehe nur weiß. Habe den Pfad verfehlt und wir laufen nun über die gefrorene Oberfläche eines Bergsees.

Es dauert zum Glück nicht mehr lange, bis wir wieder an der Bergstation ankommen, wo wir uns mit einem heißen Getränk und Bratkartoffeln aufwärmen. Die Wanderung an sich wäre leicht, aber bei dem Wetter ist sie nahezu unmöglich.

Wer allerdings mehr Glück mit dem Wetter hat und aktiv um Tromsø unterwegs ist, hat hier einige gut erreichbare Möglichkeiten:

  1. Leicht: von der Bergstation des Cable Car bis zum Top (Fløya). Die etwa 200 Höhenmeter sind bei fast jedem Wetter eine leichte Übung (nur im Schneesturm nicht, dann aber eine Erfahrung wert).
  2. Leicht: Nattmålsfjellet auf Kvaløya, mit dem Bus 425 zu erreichen und nur etwa 300 Höhenmeter auf 2km einfache Strecke.
  3. Leicht: Ørnfløya auf Brennholmen, mit dem Bus 420 oder 422 erreichbar, 150 Höhenmeter auf 1km Strecke
  4. Medium (für Normalsterbliche): der oben erwähnte Rødinden, erreichbar aus der Stadt in etwa 20 Minuten mit dem Bus 42. Es sind etwa 500 Höhenmeter auf 2km einfache Strecke zu bewältigen und die Sicht soll bei klarem Wetter gigantisch sein. Leider hatten wir kein klares Wetter, also muss ich wieder kommen, um mich davon zu überzeugen, dass es wirklich so ist.
  5. Medium: zu Fuß auf den Stadtberg Storsteinen steigen. Sommer 2017, als ich ihn erklomm, lag der Schnee noch fast bis zum Knie und es war nicht ganz leicht, nach oben zu kommen. Vermutlich ist das im Winter noch eine Stufe härter. Allerdings darf man nicht von sich auf andere schließen…

Anmerkung: Im Winter geht es besser (oder fast nur) auf Schneeschuhen oder Skiern.

Und wer noch mehr Vorschläge will, hier noch einige von einer lokalen Bloggerin.

Am letzten Tag gehen wir noch ins Museum, spazieren durch die Stadt und essen einen unglaublich leckeren Kuchen, bevor wir uns auf zum Flughafen machen. Und kurz vor der Bushaltestelle passiert es: ich finde in einem Geschäft ein wunderschönes rotes Kleid. Damit wäre bewiesen, dass auch Shopping in dieser schönen Stadt nicht zu kurz kommen muss (wenn auch bei mir nicht wirklich geplant).

Bevor ich es vergesse, eine weitere wichtige Sache: man kann in Tromsø, wie in anderen norwegischen Städten auch, einigermaßen ok bezahlbar essen. Man darf sich nur nicht der Illusion hingeben, das kulinarische Angebot wäre wie in Spanien oder ähnlich… Wir haben relativ gut in der Pizzeria Pinocchio gegessen, sehr gut im Restaurant Egon und auch in der Huken Brygg gab es eine tolle Speisekarte (da konnten wir allerdings nichts mehr essen nach der Waffelorgie am Nachmittag). Sonst gibt es überall Imbissbuden und fast immer offene Narvesen oder SevenEleven mit Fast Food (dort habe ich sogar einmal ein sehr leckeres veganes Burrito ergattert).

Am Tag der Abreise begegnet uns ein alter Herr aus Hamburg, der allein unterwegs ist, um die Nordlichter zu sehen. Wir kommen ins Gespräch und er outet sich schnell als Fan meines Heimatlandes. Und so stehen wir mitten auf der Straße weit nördlich des Nordpolarkreises, neben Bergen von Schnee, und quasseln über Rumänien und die Orte, an die meine Rumänienreise im Herbst führt.

Ich steige in den Flieger und bin wie immer traurig, wenn ich hier weg muss. Aber nicht so traurig wie sonst: die nächste Reise in das schönste Land der Welt ist bereits gebucht.

Rumänien, der Ort meiner Kindheit und Jugend

Dies ist mein Beitrag zu der Blogparade von Sandra Wickert von Tracksandthecity, #meineroots. Liebe Sandra, das Thema ist wirklich schön, danke für diese Vorlage.

Rumänien liegt nah, ist bisher aber weitgehend noch unbekannt und vom Massentourismus verschont geblieben

So nah aber trotzdem fern und vom Massentourismus noch unberührt liegt mein Heimatland Rumänien. Keine zwei Flugstunden entfernt findet man sich fast in einer anderen Welt wieder. Und doch auch nicht. In den Städten leben viele junge Menschen, die genauso aussehen und mit den Nasen in ihren Smartphones herum laufen, wie überall auf der Welt. Es gibt (zu) viele Autos tolle Hotels, gute Restaurants, Bars, Kneipen und Malls, neuerdings auch viele Festivals. Gleichzeitig findet man in Rumänien tolle mittelalterliche Bauten und Gebäude, Schlösser und Burgen. Wenn man allerdings die Städte verlässt, kommt man in Dörfer, wo die Menschen wie vor Jahrhunderten leben und arbeiten. Oder in Dörfer, die fast verlassen sind und geisterhaft vor sich hin verfallen. Die Alten sind gestorben, die Jungen sind in die Stadt gezogen.

Wenn man wirklich ins Abenteuer will, gibt es auch noch herrliche bewaldete Berge, die Karpaten, wo mehrere tausend Braunbären leben und wo man wunderbar wandern kann. Ich habe übrigens noch nie einen Bären in Rumänien getroffen, obwohl ich viele Kilometer durch meine Transsylvanischen Berge gewandert bin.

Märchenhafte Stimmung

Dann gibt es noch das Donaudelta, wo einzigartige Tiere und Pflanzen beheimatet sind. Es gibt auch die Klöster in Moldawien, deren Fresken mit Farben gemalt sind, die sonst nirgends auf der Welt zu sehen sind, tiefe dunkle Seen und grüne Wälder. Und vor allem unglaublich nette und gastfreundliche Menschen.

Meine rumänische Heimatstadt Cluj-Napoca hat es völlig zu Recht beim Reisereporter auf die Liste der Top Places 2018 geschafft
Nationaltheater Cluj

Cluj-Napoca ist nach rumänischen Verhältnissen eine Großstadt, die zweitgrößte Stadt Rumäniens, aber klein genug, um alles zu Fuß zu erkunden. In der Universitätsstadt leben viele junge Menschen (und ich habe die Beobachtung gemacht, dass bei jedem meiner Besuche die Einwohner jünger und jünger werden…).

Ich habe in Cluj-Napoca meine Kindheit und Jugend verbracht und war überzeugt, jede Straße in- und auswendig zu kennen. Hier, an dieser Ecke habe ich verliebt auf meinen damaligen Schwarm gewartet (der dann nicht kam). Dort, vor der Universität, habe ich mit klopfendem Herzen auf die Ergebnisse meiner Aufnahmeprüfung geschaut und bin vor Freude durch den nahegelegenen Park gehüpft, weil ich es geschafft hatte.

In der Stadt gibt es eine Konditorei, wo ich die besten Kuchen der Welt gegessen habe. Erfreulicherweise gibt es diese immer noch. Bei jedem Besuch nehme ich zehntausende von Kalorien in Form von Fett und Zucker zu mir und verspüre nicht die geringste Reue. Ein paar Straßen weiter steht noch die Schule, wo ich jahrelang Tag für Tag viele Stunden verbracht habe, Erfolge gefeiert (in Mathe und Sprachen) und kläglich gescheitert bin (in Handarbeit und Sport). Dort habe ich Freundschaften geschlossen und war einsam, habe gelacht, geweint, mich glücklich und unendlich traurig gefühlt, so wie es sich für die Teenagerjahre gehört.

An einem schönen Vormittag vor zwei Jahren habe ich mich in meiner Heimatstadt verirrt. Dort, wo vor wenigen Jahren nur Felder und Hügel standen, stehen heute ganze Stadtteile. Es war immer noch meine Stadt, ich verstand die Sprache und Google Maps zeigte, dass ich mich gar nicht so weit weg vom Haus meiner Eltern befand. Es war, als ob ich durch eine Pforte in eine andere Welt, oder besser gesagt, in eine andere Zeit geschritten wäre. Ich wanderte auf Straßen, die wenige Jahre zuvor nicht existiert hatten, entlang an Gebäuden, die seit sehr kurzer Zeit standen und wovon viele sich noch im Bau befanden.

Es gibt aber auch Orte in meiner Heimatstadt, die man lieber verdrängen und vergessen möchte

Am Rande der Stadt, auf der städtischen Müllhalde leben zahlreiche Familien, zum Teil in der dritten Generation. Es ist ein Ort, den man in Städten wie Manila oder Delhi vermutet, allgemein unter dem Namen “Slum” bekannt. Die Menschen hier haben zum Teil keine Papiere und somit existieren sie für die eh dürftigen Sozialsysteme in Rumänien nicht. Der Rest der rumänischen Gesellschaft würde solche Orte am liebsten vergessen und verdrängen.

2014, an einem kalten Samstagmorgen im Herbst, habe ich mit einer sozialen Organisation diesen Ort besucht. Wir sind in Gummistiefeln bis zu den Knien durch Schlamm gewatet, hin zu unbeschreiblichen Bretterbuden, um Kinder einzusammeln und mit zu nehmen, in einen kleinen warmen Raum, in dem wir für sie ein Frühstück vorbereitet hatten. Ein Mädchen von etwa 12 Jahren bat uns, kurz zu warten, sie wollte ihren Bruder auch mitnehmen. Dann kam sie aus einer Bretterbude und schob einen kleinen Rollstuhl, in dem ein kleiner Junge von etwa sieben Jahren saß. Er redete viel, war leicht bekleidet und trug trotz des kalten Wetters bloß Socken. Ich fragte nach seinen Schuhen, aber die Schwester zuckte mit den Schultern und sagte, das brauche er ja nicht, er könne ja doch nicht gehen. Ich habe keine Bilder von dem Ort und den Menschen dort, es schien mir einfach nicht richtig, welche zu machen. Es gibt allerdings hier einen lesenswerten Artikel darüber.

Das urbane Rumänien ändert sich mit einer atemberaubenden Geschwindigkeit

Ich wohne seit 1996 nicht mehr in Rumänien und die ersten Jahre habe ich mein Land gar nicht besuchen wollen. Mir war alles zu eng und klein, ich wollte mich weiterentwickeln und Abstand gewinnen. Als der Abstand dann groß genug wurde, bin ich wieder hingefahren. Ich fahre etwa alle zwei Jahre nach Rumänien, wobei es mich nicht immer in meine Heimatstadt zieht. Beruflich bin ich mehrmals nach Sibiu (Hermannstadt) und Bukarest geflogen und jeder Besuch war für mich eine gute Überraschung. Sibiu war 2007 europäische Kulturhauptstadt und hat als erste rumänische Stadt den Status einer modernen Stadt erreicht. Die Häuser mit Augen, die Lügenbrücke und viele andere Sehenswürdigkeiten machen diese Stadt zu etwas Besonderem (wer Lust hat, Sibiu und andere schöne Orte in Rumänien live zu sehen, hier ist meine Reise in 2019 dahin).W

Nicht meine Heimatsstadt, aber sehr sehenswert: Sibiu alias Hermannstadt

Dann kam vor etwa zwei Jahren der Moment, wo ich es einsehen musste: Rumänien ist weder eng noch klein, sondern jung, innovativ und unerschrocken. Dort, wo es im Vorjahr einen Lebensmittelladen gab, steht nun ein Friseursalon. Vor zwei Jahren gab es genau dort eine private Zahnarztpraxis. Die Menschen versuchen, etwas auf die Beine zu stellen, scheitern vielleicht, stehen auf und versuchen es erneut. Unternehmer*in zu sein war in Rumänien jahrzehntelang nicht möglich, aber jetzt ist es völlig normal. Es gibt aber auch größere Investitionen, wie zum Beispiel einen Ort am Rande Cluj-Napocas, wo man reiten, Mountainbikes mieten, essen, übernachten, entspannen, mit dem Heißluftballon fliegen, Tennis oder Karten spielen, in der Kapelle beten oder heiraten und dabei seine Kinder in der als Schloss gestalteten Kindertagesstätte betreuen lassen kann. Es sind Orte wie diese, die in Deutschland gar nicht denkbar wären, aus so vielen Gründen, dass ich gar nicht anfangen will, sie hier aufzuzählen.

Ich stand also dort im Wonderland (der Ort heißt tatsächlich so) am Start der Rodelbahn (das gibt es dort auch) und schaute auf meine Heimatstadt. In dem Moment habe ich zum ersten Mal verstanden, dass Rumänien nicht nur wirtschaftlich aufgeholt hat, sondern dass es ein tolles Land ist, wo es sich zu leben lohnt. Wäre ich nicht ausgewandert, wäre mein Leben zwar ein anderes, aber nicht unbedingt schlechter.

Was kann man als Tourist*in Cluj-Napoca machen?

Hier eine rein subjektive Auswahl der Aktivitäten, die ich gerne empfehlen würde, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Das historische Zentrum Cluj
  1. Das historische Zentrum besuchen: eine Menge Sehenswürdigkeiten auf kleinem Raum versammelt, von römischen Ausgrabungsstätten bis zu mittelalterlichen Mauern, Palästen und Kirchen aus dem 13. bis 21. Jahrhundert.
  2. Durch den botanischen Garten spazieren: am schönsten im Frühjahr oder Sommer, wenn alles blüht. Aber auch zu anderen Jahreszeiten lohnt es sich, diese Oase der Ruhe mitten in der Stadt zu besuchen.
  3. Das Freiluftmuseum anschauen: ich war schon immer sehr von Freiluftmuseen begeistert, sodass ich auf meinen Reisen einige gesehen habe. Das Museum in Cluj ist aber besonders. Nicht nur, dass es eines der Ältesten Freiluftmuseen der Welt ist (es existiert seit 1929), sondern es ist klein, schön gelegen und auf unerklärliche Weise sehr wenig besucht.
  4. Laut Wikipedia gilt das Waldgebiet Hoia-Baciu offiziell als Erholungs- und Wandergebiet. Viele behaupten allerdings, dass hier einige paranormale Phänomene beobachtet worden seien. Ich persönlich bin der Meinung, dass man sich selber umschauen und überzeugen sollte, was dort passiert! Am besten bei Nacht.
  5. Es gibt viele Parks und Grünanlagen, die zum Spazieren und Verweilen einladen, wie zum Beispiel Parcul Central oder Parcul Cetatuie auf einem Hügel mit wunderschönem Panoramablick über die Stadt.
  6. Die Umgebungen besuchen, zum Beispiel Cheile Turzii (Thorenburger Schlucht). Die etwa zwei Kilometer lange Schlucht wird vom Hasdate-Bach durchflossen, der sich hier in den Kalkstein eingegraben hat und somit den Höhenrücken des Trascau-Gebirges durchbricht. Beiderseits wird die Klamm von etwa 300 Meter hohen Steilwänden begrenzt. Ebenfalls in der Umgebung befindet sich das Salzbergwerk (Salina) Turda.
Das Freiluftmuseum in Cluj

Das kulinarische Angebot in Rumänien allgemein und speziell in Cluj verdient einen Blogartikel für sich. Deswegen hier nur so viel: auch wenn die rumänische Küche grundsätzlich deftig und sehr fleischlastig ist, kann man in Cluj-Napoca, wie in ganz Rumänien, wunderbar vegan essen, wenn man weiß, wie. Der Geheimtipp ist: man muss lediglich nach Fastenessen fragen. Wenn man allerdings die vermutlich besten und kalorienreichsten Kuchen der Welt genießen möchte, besucht man die Konditorei (Cofetaria) Carpati genau im Zentrum.

Alles in allem ist Cluj-Napoca eine tolle Stadt, die sich in den letzten Jahren unglaublich entwickelt hat und wo es mir Spaß macht, für einen Besuch zurückzukehren. Auch wenn die Menschen darin immer jünger werden und manche Straßenzüge einfach wie aus dem Nichts und über Nacht erscheinen.