Abschied nehmen

Es ist toll, etwas zum ersten Mal zu machen. Es gibt unzählige Motivationssprüche „wann hast du das letzte Mal etwas zum ersten Mal gemacht?“. Ich mache neuerdings ständig etwas zum ersten Mal. Aber wie oft ist man sich dessen bewusst, dass man etwas zum letzten Mal macht?

Ich habe am Wochenende zum letzten Mal an einem Ort in Berlin-Charlottenburg übernachtet. Die Wohnung gehört meinem ehemaligen Arbeitgeber und ist, wie mein Arbeitsvertrag, bald Geschichte. Es war eine schöne Geschichte. Ich habe unzählige Nächte hier verbracht, alleine oder mit meinem Partner, manchmal mit Kolleginnen in Nachbarzimmer, beruflich wie privat. Ich habe wochenweise hier gearbeitet oder Urlaub gemacht. Die Wohnung kenne ich unter Berliner Hitze, im kalten Winter und im Regen. Ich kenne die Bäckereien in der Nähe, wo ich manchmal gefrühstückt habe, bevor es schnell zum Termin ging. Die Shisha Bars ohne Alkohol, wo mein Partner und ich im Urlaub die Abende verbracht haben. Die Pizza und Kebabläden und den Getränkemarkt, mit freundlichen Menschen und unanständig niedrigen Preisen. Charlottenburg ist nicht gerade ein Party-Hotspot, aber es ist schön hier. Es waren gute zehn Jahre, fast elf sogar.

Gestern Abend war mein letzter Abend dort. Ich kam von der S-Bahn zu Fuß, vorbei an der Wohnung mit einem Schaufenster, in die ich all die Jahre hinein gegafft habe. Ich schloss zum letzten Mal auf und machte mein Bett in dem hübsch eingerichteten Zimmer. Jemand hat an mich gedacht, es gab zwei Äpfel und eine nette Begrüßung.

Ich verließ am Morgen vor sechs die Wohnung und hatte keine Zeit, lange zurück zu schauen. Mein Zug fuhr sehr früh. Den Schlüssel wollte ich in den Briefkasten werfen, vergaß es aber schlaftrunken. Ich war etwas traurig, aber nur kurz. Das, was kommt, ist so spannend und neu.

Wann hast du das letzte Mal etwas zum letzten Mal gemacht? Vielleicht hast du das schon oft getan, ohne zu wissen, dass es das letzte Mal sein wird. Sich an Nostalgie und dem Blick zurück festzuklammern, ist nicht unbedingt zuträglich für das Seelenheil. Kurz innezuhalten, sich der Lehren und Gaben aus diesem Erlebnis zu erinnern, bewusst Abschied zu nehmen, kann ein Geschenk sein und sogar helfen, mit etwas abzuschließen.

Und dann kannst du weiterzugehen, ohne dich umzudrehen. Es warten schließlich noch viele Dinge, die du zum ersten Mal machen wirst.

Berlin Tagebuch, Teil 1: Nachhaltig Reisen?

Aus aktuellem Anlass habe ich angefangen, mich zu fragen, was nachhaltig Reisen eigentlich ist. Schnell habe ich im Internet einiges dazu gefunden. Zum einem geht es darum, möglichst Flugreisen zu vermeiden. Wenn man nicht ohne auskommt, dann kurze und direkte Verbindungen. Kleine Unterkünfte wählen, große Hotelketten vermeiden. Mit Einheimischen in Kontakt kommen. Nachhaltig essen. Am Zielort sich nachhaltig fortbewegen (Öffis, Rad, Fuß). Natur und Kultur erleben. Wenig Müll und vor allem Plastikmüll vermeiden. „Berlin Tagebuch, Teil 1: Nachhaltig Reisen?“ weiterlesen

Der Mauerweg: die Stadtroute

Am Montag starten wir unsere Wanderung am S-Bahnhof Hermsdorf. Wir laufen durch einen Stadtteil voll Villen und fragen uns, wie hoch manche Heizkostenrechnungen hier wohl sein mögen.
Aber heute stellt sich diese Frage nicht wirklich, bereits um 11 Uhr sind es über 30 Grad und kein Wölkchen am Himmel. Nach wenigen Kilometer überqueren wir die Grenze nach Brandenburg. Das Dorf Alt-Lübars und der Tegeler Fließ mitten in einem Naturschutzgebiet sind die nächsten Punkte auf der Karte.
Links und rechts liegt weißer Sand. Wir essen rote und gelbe Mirabellen direkt von den Bäumen. Die Brombeeren sind allerdings richtig sauer.

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Der Mauerweg: die Südseite

Tag 4. Wochentag hab ich vergessen.

Heute sind es 3 Grad weniger als gestern, also nur 35. Dafür haben wir die längste Etappe vor uns.
Wir beginnen irgendwo am Teltower Kanal. Links fließt der Verkehr auf der Autobahn und das ist schon das einzige, was an Menschen erinnert. Es ist sonnig, heiß und einsam.
Hier und da gibt es am Weg Erinnerungen an die Maueropfer, die meisten davon junge Männer. Eine Tafel erklärt wo eine Spionageanlage der Amerikaner war.

Der Mauerweg: die Westseite und zurück zum Anfang

Die Strecke von Dreilinden über Potsdam zum Wannsee ist nicht lang (netto 12 Kilometer) aber sie hat es in sich: es gibt sehr viele Sehenswürdigkeiten und Abstecher unterwegs, so dass wir auf mehr als doppelt so viele Kilometer am Ende des Tages kommen. Aber jeder Kilometer ist spannend, und die Landschaft wunderschön.

Zum einen gibt es wieder eine Enklave (oder war es eine Exklave? Kommt auf die Sichtweise an.) zu sehen. Eine Straße trägt den Namen Aylan Kurdi Allee, nach dem im Mittelmeer ertrunkenen kleinen Jungen. Jemand hat das einfach über das Straßenschild geklebt.

Ein paar Mauerreste sind auch noch vorhanden.

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