C2C Tag 1: Von Kirkby Stephen nach Keld- Moor, Wind und ein einsames Dorf

Kirkby Stephen ist noch nicht die Mitte des Coast2Coast, aber laut Reiseführer das “spirituelle Herz” der Route, was immer das bedeuten mag. Die Kirche stammt aus dem 13. Jahrhundert und sieht beeindruckend aus. Am morgen ist es kalt und wolkig, gerade 8 grad. Es fällt mir schwer, aus dem Bett in Kings Arms zu entscheiden, wie ich gehen will. Es gibt drei mögliche Routen, zwei hohe und schwere, eine leichtere durchs Tal, aber ohne Aussicht. Alle drei führen durch das Moor und ich lese im Reiseführer Geschichten über Menschen, die bis über die Knie versunken sind, und auch über Verletzungen. Mir ist etwas mulmig dabei. Ich trinke meinen Kaffee, waxe meine Wanderstiefel und stelle meine Regenhose bereit, vielleicht kann ich sie als Watthose umfunktionierten.

Um 8.30 geht es los (habe schon das letzte mal den Unterschied zwischen halb acht in Bayern, das ist nämlich 7.30, und half eight gelernt, das ist wie gesagt 8.30). Habe gestern noch etwas zum essen ergattert (vegan ist echt schwierig hier aber für heute bin ich versorgt). Und dann geht es los, jenseits von (Fluss) Eden. Kaum 1 km gegangen, treffe ich auf Helen, eine große und schlanke Engländerin. Sie ist 10 Jahre älter als ich und erstaunlich gut zu Fuß. Nach der ersten Steigung schnaufe ich hinterher. Sie findet mein Tempo aber auch ganz ordentlich und wir entscheiden, heute gemeinsam zu gehen. Ich freue mich innerlich, dann holt zumindest jemand Hilfe wenn ich im Moor versinke.

Wir entscheiden uns für eine der hohen Routen und steigen zu Nine Standard Riggs, eine Steinformation auf dem höchsten Berg heute.
Der Wind ist stark, kühl und unbarmherzig, aber zumindest regnet es nicht. Wir gehen auf einem Grat, leicht nach unten, und tatsächlich wird der Boden immer weicher. Aber wir kommen voran, wenn auch nicht bequem.
In Ravenseat gibt es laut Reiseführer eine Farm, wo man Tea und Scones haben kann. Die Farm ist da, aber keine Menschen zu sehen. Geschweige denn Tea and Scones. Wir gehen weiter in schnellem Tempo, oberhalb des Flusses Swale. Die Schafe hier sind sehr hübsch, weiß mit schwarzen Gesichtern, typisch Schafe aus Dales. Viele haben schneeweiße Lämmchen dabei, eine Augenweide.
Eine halbe Meile vor Keld verabschiedet sich Helen, sie biegt auf dem Campingplatz ein. Sie muss Kräfte sammeln, morgen will sie 2 Etappen gehen (Respekt! Mir reicht eine voll und ganz!).
Ich komme an Keld Lodge vorbei und dort steht eine Tafel, die die Hälfte des Weges anzeigt.
Keld ist ein winziges Dorf mit Häusern aus grauen Steinen, drum herum grüne Hügel mit weißen Flecken (Schafe). Wenn ich die Hand nach oben strecke, kann ich den Himmel berühren.
Ich verbringe noch eine halbe Stunde im Heritage Zentrum, bevor ich zu Doris in East View einckecke. Es gibt kein Empfang und W-lan nur im Nachbarhaus, aber Doris ist eine wunderbare Person. Sie ist auf die Philippinen geboren, hat in Hongkong und Sydney gelebt und hat hier, mitten im englischen Nirgendwo ihr Glück gefunden. Sie erzählt mit glänzenden Augen, wie sehr sie es hier mag, während sie für mich Gemüsecurry und Reis kocht. Und wenn ich mich so umschaue, ist das für mich völlig plausibel.

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